Propellermütze und Fischerhut – eine moderne Liebesgeschichte

Ganz nach dem Motto “Pfadi international” trifft unsere Reporterin Kaja zwei Menschen, bei denen genau diese beiden Themen “Pfadi” und “international” im Alltag eine wichtige Rolle spielen. 

 Es geht alles ganz schnell. Zwischen der Idee und der Durchführung von diesem Interview liegen gerade zehn Minuten. Aber das scheint einfach die Art zu sein, wie Asterix Dinge angeht. Ich treffe ihn zusammen mit seiner Frau Natascha auf einem Bänkli vor der “Chronä a de Rhonä”, wo sie beide regelmässig arbeiten. Sie waren eigentlich gerade auf dem Weg zum Zmorge, aber das wird jetzt halt noch ein wenig nach hinten geschoben. Asterix erkennt man überall gut an seiner farbigen Mütze mit dem Propeller obendrauf, dazu trägt er ein T-Shirt von «seiner» Pfadi Davos. Natascha zieht gerade ein gemustertes Fischerhütchen über ihre kurzen schwarzen Haare. Nach ihrer Schicht gestern Abend haben sie ausgeschlafen, aber obwohl sie bestimmt hungrig sind, nehmen sie sich grosszügig Zeit für meine Fragen.
Deshalb versuche ich auch nicht um den heissen Brei herumzureden: «Wie habt ihr euch kennengelernt?», falle ich mit der Tür ins Haus. «Ehrlich gesagt», beginnt Asterix und blickt zu Natascha, «haben wir uns auf Tinder getroffen». Es klingt nicht wertend, nur ehrlich. «Oh», sage ich und lache, «das wird also eine moderne Lovestory». Und tatsächlich: Es beginnt klassisch, Asterix war auf Reisen und traf Natascha auf seiner letzten Etappe im Dezember 2019 in Kolumbien. Dorthin war die gebürtige Venezolanerin wegen der politischen Situation in Südamerika gezogen. Nach einem gemeinsam verbrachten Monat war bei Asterix’ Heimreise für beide klar, dass sie sich wiedersehen wollten. Aber dann der Schock: Pandemie. Covid-19 Lockdown. Weltweiter Reisestopp, jede Bewegung ein Papierkrieg. Also sassen sie zu Hause, er in der Schweiz, sie in Kolumbien. Erst neun Monate später, im September 2020, konnten sie sich das nächste Mal sehen. Danach war es ein konstantes Vor- und Zurück, bei dem sie sich über ein Jahr hinweg abwechslungsweise besuchten. Im Dezember 2021 hatten sie dann endlich den Kampf gegen die Bürokratie gewonnen, so dass Natascha in der Schweiz bleiben konnte. Das war das fünfte Mal, dass sie sich trafen, wenn ich richtig mitgezählt habe. «Dann habe ich ihr den Antrag gemacht», erzählt Asterix. «Ich wusste es einfach», sagt er, und lächelt.
Geheiratet haben sie vergangenen März. Sie zeigen mir ihre passenden Herz-Tattoos auf den Handgelenken. «Die Ringe kommen dann an der Hochzeitsfeier im September», erzählt mir Asterix, während Natascha anfügt: «Das Kleid habe ich schon!». Wieder fällt mir auf, wie gut sie sich ergänzen. Sie arbeiten als Team: Natascha und Asterix gegen die Weite der Welt.

«Ihm ist nie aufgefallen, wie gut die Wander-Infrastruktur in der Schweiz ist!» – Natascha

Sie mussten viele Hindernisse überwinden auf ihrem Weg, damit sie so gemeinsam hier vor mir sitzen können. Die Kulturen der Schweiz und Südamerikas unterscheiden sich eben schon ziemlich fest. «Das Unerwartete an einer internationalen Beziehung ist, dass man viel über das eigene Land lernt», sagt Asterix. «Ihm ist nie aufgefallen, wie gut die Wander-Infrastruktur in der Schweiz ist!», lacht Natascha, «Egal wo man hinläuft, es hat immer einen Brunnen und einen Weg.» Wo sie recht hat, hat sie recht. Und sie erzählt noch weiter: «In Venezuela haben wir keine Wälder, wie ihr sie hier kennt. Es gibt nur die Stadt oder den Dschungel. Und diesen zu betreten ist verboten. Es ist zu gefährlich, überall gibt es wilde Tiere und – Narcos.» Pfadfinder habe sie nur aus dem Film «Oben» gekannt. Lustigerweise wurde die Landschaft des Films – die fiktiven Paradise Falls – von der Gegend um den Salto Angel, dem höchsten Wasserfall der Welt in Venezuela, inspiriert.
Aber dann kam sie in die Schweiz. Im SoLa 2021 seiner Abteilung hat Asterix sie erstmals zum Kochen mitgenommen. Seit da ist sie immer dabei. Sie trägt sogar eine Kravatte, auch wenn es nur eine geliehene ist. Ihre eigene bekommt sie erst bei ihrer Taufe. Die soll während des Lagers stattfinden, aber das hat mir Asterix nur so am Rand erzählt, als Natascha noch nicht da war. «Achaya» soll sie heissen, was soviel bedeute wie «scheu, aber glorreich».
Ich frage, was Natascha hier im mova am besten gefällt. «Die Pfadfinder*innen hier sind nicht scheu. Wenn irgendjemand anfängt zu singen, machen die anderen sofort mit, und fängt jemand an etwas zu rufen, steigen gleich noch andere ein.», antwortet sie, und Asterix ergänzt «Es herrscht grosses Vertrauen hier. Alle verstehen sich miteinander, weil wir die gleiche Basis haben.» 

Als letztes reden wir über ihre Pläne für die Zukunft. Asterix möchte gerne in einem internationalen Lager eine Bar betreiben. «So ähnlich wie hier die Chronä wäre super». Ein Team dafür hat er noch nicht, also verspreche ich ihm, dass im Artikel zu erwähnen, damit sich Interessierte bei ihm melden können. Natascha denkt in die nähere Zukunft: «Ich möchte gerne mit der Pfadi anfangen. Ich will mich einer Gruppe anschliessen und Leiterin werden.» «Dann musst du aber Deutsch lernen», erinnert sie Asterix. «Ja!», antwortet Natascha überzeugt. «Und Leiterkurse besuchen», wirft er wieder ein. «Ja», ist sich Natascha sicher, «ich will das volle Erlebnis.» Asterix nimmt sie bei der Hand. «Gut so.», sagt er stolz.